13. MÄRZ 2023
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SCHULE & AUSBILDUNG
Lehrvertrag auflösen und Lehre abbrechen?

Wenn du spürst, dass du nicht mehr gerne zur Arbeit gehst, würdest du die Lehre vielleicht am liebsten abbrechen und etwas Neues suchen. Die Gründe dafür können ganz verschieden sein. Es ist jedoch keine gute Idee, einfach von einem Tag auf den anderen nicht mehr arbeiten zu gehen.
Mögliche Gründe
Dass es einmal nicht rund läuft in der Lehre, kann vorkommen (mehr dazu in unserem Text Krise in der Lehre. Viele Jugendliche erleben in der Lehre Schwierigkeiten oder eine Krise. Um eine gute Lösung zu finden, ist es wichtig, zu wissen, wo die Ursache des Problems oder der Krise liegt. Geht es um den Beruf, den Lehrbetrieb, die Berufsschule, Beziehungen zu Mitmenschen oder um dich selbst?
Verschiedene Gründe können dazu führen, dass du über einen Lehrabbruch nachdenkst. Manchmal kann es auch eine Kombination unterschiedlicher Gründe sein. Zum Beispiel:
- wenn du das Gefühl hast, nicht den richtigen Beruf gewählt zu haben (Berufswahl);
- wenn du am Arbeitsplatz oder in der Gewerbeschule über- oder unterfordert bist (Besser lernen können);
- wenn die Zustände im Betrieb unzumutbar sind (Ungerecht behandelt in der Lehre);
- oder wenn persönliche/gesundheitliche Probleme private Probleme das Arbeiten schwierig machen. Zum Beispiel psychische oder körperliche Beschwerden, Stress in der Familie oder Probleme in der Freundschaft oder der Beziehung.
Darüber reden und sich beraten lassen
So unterschiedlich die Gründe sind, so verschieden können auch mögliche Lösungen aussehen. In vielen Fällen kann ein Gespräch mit deinem Lehrmeister / deiner Lehrmeisterin oder der Personalabteilung helfen. Denn: Wenn du offen mit deiner Situation umgehst und darüber sprichst, können auch leichter Unterstützung und Lösungen für dich gefunden werden. Arbeitgeber*innen sind froh zu wissen, wie es ihren Mitarbeitenden und auch Lernenden geht.
Checkliste für ein Gespräch mit dem Lehrmeister / Chef, wenn es einem nicht gut geht:
- Vorbereitung: überlege dir zuerst, was du im Gespräch sagen möchtest. Oft kann es helfen, die wichtigsten Punkte aufzuschreiben. Das kann beinhalten, was du sagen möchtest, wer dich im Gespräch unterstützen könnte, was dein Ziel des Gesprächs ist, in welchen Punkten du flexibel bist (z.B. Wiederholung Lehrjahr oder ähnliches) oder was du auf keinen Fall tun möchtest (z.B. kündigen)
- Termin vereinbaren: Bitte um ein Gespräch mit deinem*deiner Lehrmeister *in oder jemandem der Personalabteilung.
- Beim Gespräch: Bedanke dich für die Zeit, die sich dein Gegenüber nimmt. Erkläre, was der Anlass für das Gespräch ist. Erzähle möglichst ehrlich, wie es dir geht und was du brauchst. Sucht gemeinsam nach Lösungen. Sei aber auch standhaft bei Dingen, die dir wichtig sind (siehe Punkt Vorbereitung) und lass dich nicht unter Druck setzen. Entscheide wichtige Dinge (z.B. ein Profilwechsel oder Austritt aus der Berufsmatur) nicht während des Gesprächs. Sag, dass du dafür etwas Zeit brauchst. Vereinbart ein weiteres Gespräch in absehbarer Zeit, um Entscheide zu fällen oder zu schauen, was sich verändert hat und ob Massnahmen schon geholfen haben.
- Nach dem Gespräch: Sprich mit jemanden, dem du vertraust (z.B. BFF, Eltern, Arbeitskollegin, Gotte/Götti über das Gespräch. Halte für dich fest, was die nächsten Schritte sind. Sei stolz auf dich, dass du diesen Schritt gegangen bist. Nimm dir Zeit, um die Entscheidungen zu treffen, die anstehen. Du kannst auch rund um die Uhr die Beratung von 147 beiziehen und um Unterstützung oder Feedback fragen.
Vielleicht brauchst du ein Zwischenjahr (mehr dazu unter Keine Lehrstelle gefunden?). In einigen Fällen ist ein Lehrstellen- oder gar Berufswechsel wirklich unumgänglich. In einer Berufs- oder Jugendberatung können sich neue Perspektiven auftun.
Gespräche mit der Familie, Freunden oder einem Jugendberater können helfen, Klarheit zu erhalten und zugleich eine Zweitmeinung einzuholen.
Konsequenzen durchdenken
Willst du verantwortungsvoll handeln, ist es auch wichtig, dir zu überlegen, was ein Lehrabbruch für deine Zukunft bedeuten würde.
«Manchmal ist ein Lehrabbruch der einzige Weg. Zum Beispiel wenn du merkst, dass der Beruf nichts für dich ist oder du psychische oder sexualisierte Gewalt erlebt und keine Energie hast, dich dagegen zu wehren. Doch oft gibt es bessere Lösungen.»
Mit einem erfolgreichen Lehrabschluss eröffnen sich neue Möglichkeiten: Du kannst eine Arbeitsstelle in einem anderen Betrieb suchen, dich weiterbilden oder den Beruf wechseln. Das offizielle Lehrabschlusszeugnis ist wichtig für den Berufseinstieg und ein schriftlicher Beleg für die von dir geleistete Arbeit. Ein Lehrabbruch hingegen bedeutet, eine neue Lehrstelle zu suchen, an einem anderen Ort neu einzusteigen und manchmal auch nochmals ganz von vorne anzufangen. Unangenehmes gibt es überall, und Misserfolge gehören zum Leben. Vielleicht versuchst du, trotz Schwierigkeiten durchzuhalten, die angefangene Ausbildung zu beenden und dich darauf zu freuen, was du nach bestandener Lehre alles tun kannst?
Natürlich gibt es auch Umstände und Vorkommnisse, bei denen Durchhalten die falsche Parole ist: Wenn du z.b. systematisch runter gemacht wirst, sexuell belästigt oder deine Rechte als Lernende*r nicht respektiert werden, ist es angebracht, sich zu fragen, ob eine Kündigung nicht angebracht ist.
Wenn der Lehrabbruch für dich nach wie vor der einzige Weg ist, dann geht davon die Welt nicht unter. Sorge jedoch dafür, dass du schon vor Lehrabbruch entweder eine andere Stelle oder eine Zwischenlösung organisierst und dir schriftlich bestätigen lässt, so dass in deinem Lebenslauf keine Lücke entsteht. Du kannst dich auch beim regionalen Arbeitsvermittlungszentrum nach Angeboten erkundigen.
Kündigung in der Probezeit
Man kann eine Lehre nicht «einfach so» abbrechen. Am Anfang deiner Lehre bist du noch in der Probezeit. Diese dauert in der Regel zwischen einem und drei Monaten. In dieser Zeit können du oder dein Lehrmeister das Lehrverhältnis mit einer Kündigungsfrist von sieben Tagen auflösen. Danach beträgt die Kündigungsfrist meist zwei oder drei Monate. Eine Auflösung des Lehrvertrages bedarf auch das Einverständnis des Lehrbetriebs und gewichtige Gründe. Das kantonale Amt für Berufsbildung als zuständige Stelle kann dich auch unterstützen, falls du den Lehrvertrag auflösen möchtest. Wenn es dir sehr schlecht geht, kann du auch via Hausarzt eine Krankschreibung prüfen, um deine Gesundheit zu schützen.