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15. SEPTEMBER 2025
|
MENTAL HEALTH & SELBSTFÜRSORGE

«Wie kann ich eine Therapie beginnen?»

Junge, 16 Jahre

Hi. Mir geht’s schon länger nicht mehr gut. Nun habe ich gemerkt, dass ich eine Therapie machen möchte. Wie kann ich eine Therapie beginnen?

Hallo. Mega stark von dir, dass du dir Hilfe holst. Das zeigt, dass du auf dich achtest und deine Themen angehen möchtest. Gerne geben wir dir die Infos, die du brauchst, um eine Therapieperson oder Psychiater*in zu finden.

Anleitung in Kürze: Das kannst du tun 👇

  • Sprich mit deinen Eltern.
  • Mach einen Termin bei deiner Hausärztin oder deinem Hausarzt für eine Überweisung.
  • Kontaktiere deine Krankenkasse.
  • Schreib Therapeut*innen an.
  • Hole Hilfe, wenn du unsicher bist.

1. Sprich mit deinen Eltern oder Erziehungsberechtigten 🫂

Es kann schwierig sein, mit deinen Eltern über den Wunsch nach einer Therapie zu sprechen. Trotzdem ist es wichtig, um Unterstützung zu bekommen und Missverständnisse zu vermeiden. Eltern möchten wissen, wie es ihren Kindern geht, und helfen gerne, wenn sie können. Wenn deine Eltern die Krankenkasse bezahlen, erfahren sie sowieso von der Therapie. Deshalb ist es besser, vorher mit ihnen zu sprechen und um ihre Unterstützung zu bitten. Erkläre ihnen, wie du dich fühlst und warum du eine Therapie machen möchtest. Wenn du offen über dein Empfinden sprichst, ohne ihnen Vorwürfe zu machen, ist die Chance gross, dass sie dich bei den weiteren Schritten unterstützen.

❗ Falls deine Eltern skeptisch sind, hilft dir die Beratung von 147, Gründe zu sammeln, um deine Eltern hoffentlich von einer Therapie überzeugen zu können. 

Wenn dich deine Eltern nicht unterstützen, eine Therapie zu machen oder du nicht möchtest, dass sie erfahren, dass du eine Therapie machen willst, gibt es Alternativen. 

🆘 Wenn du Opfer von Gewalt oder einer Straftat wurdest, hast du in den meisten Fällen Anspruch auf Opferhilfe. Die Opferberatung ist eine Stelle, die dir kostenlos hilft – oft auch mit einer Gutschrift für einige Therapiestunden. Frag bei der Beratungsstelle deiner Stadt oder in deinem Kanton nach.

🎓 Wenn du studierst, kannst du auch zur psychologischen Beratung an deiner Hochschule oder Uni gehen.

2. Verlange eine Überweisung 🗎

Als Erstes kannst du einen Termin bei deinem Hausarzt oder deiner Hausärztin vereinbaren. Sag, weshalb du eine Psychotherapie machen möchtest. Dabei kannst du offen und ehrlich sein. Das Gespräch ist vertraulich. Zudem braucht dein Arzt oder deine Ärztin Informationen, um eine Überweisung an eine Psychotherapeutin oder einen Psychotherapeuten ausstellen zu können. In den meisten Fällen wird dann die Überweisung auch problemlos ausgestellt.

Falls sich deine Hausärztin oder dein Hausarzt weigert, eine Überweisung zu machen, kannst du auch bei einer anderen Arztperson (z.B. in einer Walk-In Praxis) eine Überweisung bekommen. Auch dafür vereinbarst du einen Termin oder gehst direkt in die Walk-In Praxis deines Vertrauens. Achtung: Falls du bei deiner Krankenkasse das Hausarzt-Modell hast (mit deiner Versicherung ist abgemacht, dass die Hausarztpraxis immer zuerst kontaktiert werden muss), ist diese Option leider nicht möglich.

💡 Viele Krankenkassen haben heutzutage eine Hotline für medizinische Anliegen. Falls es dir schwerfällt, deinen Hausarzt / deine Hausärztin für eine Psychotherapie Verordnung zu fragen, kannst du auch versuchen, über die Medizinhotline deiner Krankenkasse eine Verordnung zu erhalten. 

Psychotherapie ist eine professionelle Unterstützung, die dir hilft, wenn du seelische Probleme hast und alleine nicht weiterkommst. In Gesprächen mit einem*r Therapeut*in kannst du über deine Gefühle und Gedanken sprechen, um besser mit schwierigen Situationen umzugehen. Manchmal werden auch spezielle Techniken eingesetzt, um dir zu helfen, deine Probleme zu bewältigen.

Psychotherapien werden von verschiedenen Fachpersonen angeboten. Psycholog*innen haben gelernt, wie der Mensch denkt und fühlt. Sie helfen dir, dein Leben besser bewältigen zu können und schwierige Situationen zu überstehen. Psycholog*innen, die Psychotherapie anbieten, haben eine extra Ausbildung dafür gemacht. Psychiater*innen sind Ärzt*innen, die auf die seelische Gesundheit spezialisiert sind und auch Medikamente verschreiben dürfen. 

Mehr zum Unterschied zwischen Psycholog*innen und Psychiater*innen findest du hier.

Fachpersonen aus Medizin, Psychologie und Sozialer Arbeit unterstehen der Schweigepflicht. Was du mit ihnen besprichst, bleibt vertraulich. Das bedeutet, dass die Gespräche unter euch bleiben. Trotzdem ist es sinnvoll, mit der Fachperson zu besprechen, was mit den Informationen geschieht. Es gibt Ausnahmen in der Schweigepflicht: Wenn jemand in akuter Lebensgefahr ist, müssen Fachpersonen Hilfe holen.  

In der Schweiz hat jede Person eine Krankenkasse. Wenn du zu einer ärztlichen Person gehst oder eine Therapie machst, hilft dir die Krankenkasse, die Kosten zu bezahlen. Allerdings musst du zuerst einen Teil selbst bezahlen – das nennt man Franchise. Danach übernimmt die Krankenkasse einen grossen Teil der Kosten. 

Franchise & Selbstbehalt, einfacher erklärt:

👉 Die Franchise ist der Betrag, den du jedes Jahr zuerst selbst zahlst, bevor die Krankenkasse zahlt. 

Bei Kindern bis 18 Jahren beträgt die Franchise meistens 0, Wahlfranchisen bestehen bis 600 Franken. 

Erwachsene Personen in der Schweiz können eine Franchise zwischen 300 und 2500 Franken wählen. Wenn man 300 Franken Franchise wählt, zahlt man höhere Prämien. Wenn man 2500 Franchise wählt, ist die Prämie tiefer. 

👉 Danach übernimmt die Krankenkasse 90 Prozent der Kosten. Du zahlst dann noch 10 Prozent mit, das nennt man Selbstbehalt. Kinder zahlen im Jahr höchstens 350 Franken Selbstbehalt, Erwachsene 700 Franken. Alle Rechnungen, die danach folgen, zahlt die Krankenkasse vollständig, allerdings nur bis zum Ende des laufenden Jahres.

Ein Beispiel zur Erklärung

Du hast eine Franchise von 300 Franken. 

  • Die ersten 300 Franken zahlst du selbst. 
  • Danach übernimmt die Krankenkasse 90 Prozent der Therapie. Du zahlst noch 10 Prozent. 
  • Wenn du den Selbstbehalt von 700 Franken erreicht hast, übernimmt die Krankenkasse 100 Prozent der restlichen Kosten.

3. Kläre die Kostenübernahme mit deiner Krankenkasse 💳

Wenn du eine Überweisung erhalten hast, kannst du bei deiner Krankenkasse anrufen oder ihr ein Mail schreiben. Bitte sie, dir eine Liste mit anerkannten Psychotherapeut*innen zu schicken. So kannst du schneller und effizienter eine Therapieperson finden und kannst dir sicher sein, dass die Krankenkasse die Leistungen auch bezahlt. Viele Krankenkassen bieten auch eine Liste anerkannter Therapeuten als Online-Service an. Alternativ kannst du unter Psyfinder oder ASP qualifizierte Psychotherapeut*innen finden. Wir empfehlen dir aber, in jedem Fall mit der Krankenkasse oder dem*r Therapeut*in abzuklären, ob die Kosten übernommen werden, bevor du die Therapie beginnst.

4. Kontaktiere passende Therapeut*innen

Nun kannst du entweder per Telefon oder per Mail die Therapeut*innen anschreiben, welche dich auf der Liste ansprechen. Falls vorhanden, kannst du auch auf die Spezialisierung der Personen schauen und ob diese zu deinen Themen passen. 

🔧 Tipp: Schreib gleich mehrere Therapeut*innen gleichzeitig an, so sparst du Zeit und Energie. Dafür kannst du einen kurzen Text schreiben, was gerade deine Situation ist und Fragen 1) ob sie noch freie Plätze haben und falls ja 2) wann ein Erstgespräch möglich wäre. Nutze dafür die BCC-Funktion im Mail, so sehen sie nicht, dass du auch andere Personen gleichzeitig anschreibst. 

Falls du es alleine nicht schaffst 🫶

Falls du nicht weiterkommt oder dir das Ganze zu kompliziert ist – kein Problem. Du musst nicht alles allein schaffen. 🧡 Die Beratung von 147 ist gerne per Telefon, WhatsApp oder Mail für dich da und hilft dir, die passende Unterstützung zu finden. Alternativ kannst du dich auch an die Schulsozialarbeit deiner Schule oder an eine Jugendberatungsstelle in deiner Nähe wenden. 

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